Strafbefehl

Strafbefehl was ist das

Was ist ein Strafbefehl?

Was ein Urteil ist, weiß jeder. Was ein Strafbefehl ist, ist weniger klar. Dabei werden mehr Strafverfahren mit einem Strafbefehl beendet als mit einem Urteil.1 Eine kurze und knappe Erklärung, was ein Strafbefehl ist, sieht so aus:

Strafbefehl kurz erklärt:

Ein Strafbefehl dient der Verfahrensbeschleunigung und damit der Entlastung der Justiz. Der Strafbefehl verurteilt meistens zu einer Geldstrafe, wobei weitere Nebenfolgen auferlegt werden können (Fahrverbot, Entzug der Fahrerlaubnis usw.). Das Strafbefehlsverfahren ist ein schriftliches Verfahren, der Richter entscheidet nach Aktenlage. Der Strafbefehl ersetzt die Anklageschrift und das Urteil, wodurch die Gerichtsverhandlung überflüssig wird. In seinen Folgen unterscheidet er sich aber nicht von einem Urteil. Vereinfacht kann man sagen, dass der Strafbefehl ein schriftliches Urteil ist, das in einem beschleunigten Verfahren erlassen wurde.

Wenn man genau verstehen will, was das alles bedeutet, ist es sinnvoll, das Strafbefehlsverfahren mit dem „regulären“ Strafverfahren zu vergleichen. Dann versteht man, was da abgekürzt oder beschleunigt wird und was das Besondere am Strafbefehlsverfahren ist:

Strafverfahren ohne Strafbefehl: Hauptverhandlung und Urteil

Bevor das Strafbefehlsverfahren eingeführt wurde, sah die Strafprozessordnung nur einen Weg vor, wie ein Straftäter bestraft werden kann. Dieser Weg setzt voraus, dass die Staatsanwaltschaft zuerst eine Anklage erhebt. Über Schuld oder Unschuld des Täters entscheidet das Gericht dann in einem Urteil nach einer Gerichtsverhandlung.

Dieser „reguläre“ Weg hin zu einem Urteil ist auch heute noch bei allen schweren Straftaten (Verbrechen, vgl. § 12 StGB) zwingend vorgesehen. Dieses Verfahren ist aber aufwendig: Nach Anklageerhebung geht die Zuständigkeit auf das Strafgericht über, dort muss die Anklage in einem Zwischenverfahren geprüft werden. Wird das Verfahren eröffnet, kommt es zur Gerichtsverhandlung. Hier muss der Beschuldigte als Angeklagter erscheinen, es werden Zeugen gehört und Beweise erhoben. Am Ende ergeht das Urteil. Dann können Rechtsmittel eingelegt werden. Schließlich wird die Sache rechtskräftig und es wird vollstreckt. Das bedeutet, dass der Verurteilte die Geldstrafe bezahlen oder die Freiheitsstrafe absitzen muss.

Infografik Ablauf des Strafverfahrens ohne Strafbefehl.
Ablauf des Strafverfahrens ohne Strafbefehl.

Dieses „reguläre“ Strafverfahren mit

  • Anklageschrift,
  • Zwischenverfahren,
  • Hauptverhandlung, 
  • (eventuellem) Rechtsmittelverfahren
  • und dem sich anschließenden Vollstreckungsverfahren

ist langwierig und kostet Zeit und Geld. Vor allem die Gerichtsverhandlung ist aufwendig. Deshalb hat sich der Gesetzgeber ein abgekürztes Verfahren ausgedacht:

Strafverfahren mit Strafbefehl: Ohne Gerichtsverhandlung zum Urteil

Der Strafbefehl kürzt das Verfahren ab. Zweck des Strafbefehlsverfahrens ist allein die Verfahrensbeschleunigung: Die Strafjustiz soll entlastet werden. Man könnte sagen, es wird „kurzer Prozess gemacht“.

Zweck des Strafbefehls: Beschleunigtes Verfahren und Entlastung der Justiz

Das Strafbefehlsverfahren dient der Beschleunigung. Es geht darum, eine Straftat möglichst zügig zu ahnden. Deshalb wird im Strafbefehlsverfahren auf die Gerichtsverhandlung verzichtet. Zur Verhandlung kommt es nur dann, wenn der Beschuldigte Einspruch gegen den Strafbefehl einlegt.

Im Strafbefehlsverfahren ersetzt der Strafbefehl die Anklageschrift und das Urteil. Die Hauptverhandlung und das Rechtsmittelverfahren fallen weg: Wenn der Beschuldigte den Strafbefehl akzeptiert und keinen Einspruch gegen den Strafbefehl einlegt, wird der Strafbefehl rechtskräftig und die Strafe kann direkt vollstreckt werden.

Was ist ein Strafbefehl

Das Strafbefehlsverfahren ist ein schriftliches Verfahren, entschieden wird nach Aktenlage – es ist deshalb normal, dass ein Strafbefehl ohne Verhandlung erlassen wird. Wird kein Einspruch eingelegt, spricht der Richter am Amtsgericht praktisch ein Urteil, ohne den Beschuldigten je gesehen zu haben. Manchmal kommt es sogar vor, dass ein Strafbefehl ohne Anhörung erlassen wird. 

Bei einem Strafbefehl muss die Straftat nicht mit der gleichen Gewissheit festgestellt sein wie im „regulären“ Strafverfahren. Dort muss der Richter bei Erlass des Urteils von der Schuld des Angeklagten überzeugt sein. Im schriftlichen Strafbefehlsverfahren genügt eine Wahrscheinlichkeit, dass die Straftat begangen wurde. Man sagt auch, das Strafbefehlsverfahren sei ein „summarisches“ Verfahren. Warum braucht es keine Überzeugung? Weil der Beschuldigte Einspruch einlegen und damit eine Überprüfung der Sache in einer Hauptverhandlung erzwingen kann. 

Wann werden Strafbefehle erlassen?

In der Praxis werden Strafbefehle in erster Linie erlassen in den Massenverfahren, das sind z. B. im Verkehrsstrafrecht:

  • Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB)
  • Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG)
  • Verkehrsunfallflucht (§ 142 StGB)
  • Nötigung im Straßenverkehr (§ 240 StGB)
  • Fahrlässige Körperverletzung durch einen Verkehrsunfall (§§ 229, 223 StGB)
  • Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB).

Auch außerhalb des Verkehrsstrafrechts werden viele Ermittlungsverfahren mit einem Antrag auf Erlass eines Strafbefehl beendet, vor allem bei:

  • Beleidigung (§ 185 StGB) oder Bedrohung (§ 241 StGB
  • Körperverletzung (§ 223 StGB)
  • Diebstahl, auch Ladendiebstahl (§ 242 StGB)
  • Betrug (§ 263 StGB), vor allem Ebay-Betrug, Warenkreditbetrug, Bestellbetrug, ALG-II-Betrug (Bürgergeld) und andere Betrugstaten wegen Sozialleistungen
  • Urkundenfälschung (§ 267 StGB).

Die Aufzählung ist nicht vollständig – grundsätzlich ist ein Strafbefehl zulässig bei allen Vergehen.2 

Unterschied zwischen Strafbefehl und Urteil

Trotz der Unterschiede zwischen dem Strafbefehlsverfahren und dem „regulären“ Strafverfahren muss man sich über eines im Klaren sein: Ein rechtskräftiger Strafbefehl ist das gleiche wie ein rechtskräftiges Urteil. Es macht keinen Unterschied, ob Sie durch einen Richter „im Namen des Volkes“ schuldig gesprochen oder ob Sie mit einem Strafbefehl verurteilt werden. Wenn Sie keinen Einspruch einlegen, sind Sie ein verurteilter Straftäter! Diese Gleichstellung von Strafbefehl und Urteil ergibt sich unmittelbar aus § 410 Abs. 3 der Strafprozessordnung. Dort heißt es:

„Soweit gegen einen Strafbefehl nicht rechtzeitig Einspruch erhoben worden ist, steht er einem rechtskräftigen Urteil gleich.“

Der Strafbefehl ist kein „Urteil light“. Seine Folgen sind die gleichen wie die eines Urteils: Sie müssen die Geldstrafe bezahlen, zahlen Sie nicht, müssen Sie die Strafe absitzen (sog. Ersatzfreiheitsstrafe). Die Verurteilung wird im Bundeszentralregister (BZR) eingetragen. Unter Umständen führt das auch zu einem Eintrag im Führungszeugnis: dann sind Sie durch den Strafbefehl vorbestraft. Außerdem kann ein Strafbefehl weitere unangenehme Nebenfolgen haben. 

FAQ zum Strafbefehl

Fußnoten:

  1. 2023 wurden 6 % der Ermittlungsverfahren mit einer Anklage oder einem Antrag auf ein besonderes Verfahren beendet. Demgegenüber wurde in 10 % der Ermittlungsverfahren ein Antrag auf Erlass eines Strafbefehls gestellt. Quelle: Destatis
  2. Das Strafgesetz unterscheidet zwischen den weniger schwerwiegenden Straftaten, diese werden als Vergehen bezeichnet. Demgegenüber werden die schwereren Straftaten als Verbrechen bezeichnet. Verbrechen haben eine Mindestrafdrohung von einem Jahr Freiheitsstrafe (vgl. § 12 StGB). Ein Verbrechen kann nicht mit einem Strafbefehl geahndet werden – hier muss eine Anklage erhoben werden.

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