Strafbefehl & Urteil – Unterschiede?

Strafbefehl Urteil Unterschiede

Was sind die Unterschiede zwischen Strafbefehl und Urteil?

Der Strafbefehl als „vereinfachtes Urteil“

Der Strafbefehl spielt in der Strafjustiz eine zentrale Rolle. Ohne das Strafbefehlsverfahren wäre die Justiz nicht in der Lage, die Masse der Strafverfahren zu erledigen. Dabei ist der Strafbefehl zahlenmäßig wichtiger als die Anklageschrift: Während im Jahr 2023 in 6 % der Ermittlungsverfahren eine Anklage erhoben wurde, wurden in 10 % der Verfahren ein Strafbefehl beantragt.1 Dabei werden die Verfahren, in denen zu einer Geldstrafe verurteilt werden soll, ganz überwiegend mit einem Strafbefehl erledigt. In Baden-Württemberg beispielsweise wurden im Jahr 2022 rund 97 % aller Verurteilungen zu einer Geldstrafe mittels Strafbefehl erledigt.2 Dabei liegen die Vorteile des Strafbefehls aus Sicht der Strafjustiz auf der Hand:

  • Keine aufwendige Hauptverhandlung erforderlich
  • Schriftliches Verfahren ohne Beweisaufnahme
  • Direkte Vollstreckbarkeit bei fehlendem Einspruch
  • Erhebliche Zeit- und Ressourcenersparnis

In einfach gelagerten Fällen wird deshalb so gut wie immer ein Strafbefehl beantragt, weil das Verfahren sehr viel schneller erledigt ist. Anstelle eines Gerichtstermins mit Öffentlichkeit und Zeugen wird ein Strafbefehl zugestellt – erfolgt kein Einspruch gegen den Strafbefehl, kann die Geldstrafe direkt vollstreckt werden.

Wann kommt ein Strafbefehl in Betracht?

Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit, einen Strafbefehl zu erlassen, an bestimmte Voraussetzungen geknüpft:

  • Ausschließlich bei Vergehen zulässig (keine Verbrechen)
  • Strafrahmen begrenzt auf Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr, wenn diese zur Bewährung ausgesetzt werden und der Beschuldigte verteidigt ist

Vereinfacht kann man sagen, dass der Strafbefehl für die weniger schwerwiegenden Straftaten zugelassen ist. Bei schweren Straftaten (Verbrechen) muss die Sache in einer Hauptverhandlung nach Anklageerhebung geklärt werden. Allerdings wird die Bedeutung des Strafbefehls von den Betroffenen oft unterschätzt. Obwohl er ohne mündliche Verhandlung ergeht, hat er rechtlich die gleichen Wirkungen wie ein Urteil – sofern der Beschuldigte nicht fristgerecht Einspruch einlegt. Damit sind wir bei den Unterschieden zwischen dem Strafbefehlsverfahren und dem „normalen“ Strafverfahren.

Der wesentliche Unterschied: Hauptverhandlung vs. schriftliches Verfahren

Der zentrale Unterschied zwischen dem Strafbefehl und dem „normalen“ Strafurteil liegt im Verfahrensablauf: Im klassischen Strafverfahren erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage. Nach Zulassung der Anklage folgt eine öffentliche Hauptverhandlung, in der Zeugen vernommen und Beweise erhoben werden. Am Ende steht das Urteil, das der Richter nach mündlicher Verhandlung verkündet.

Das Strafbefehlsverfahren kürzt diesen Weg ab: Die Staatsanwaltschaft beantragt beim Amtsgericht statt einer Hauptverhandlung direkt den Erlass eines Strafbefehls. Der Richter prüft den Antrag und erlässt (so gut wie immer) den Strafbefehl. Eine Beweisaufnahme findet nicht statt, entschieden wird nach Aktenlage. Erst wenn der Beschuldigte Einspruch einlegt, kommt es (meistens) zur Hauptverhandlung – der Strafbefehl wird dann wie eine Anklageschrift behandelt.

Diese „Abkürzung“ spart Zeit und Ressourcen, schränkt aber die auch Verteidigungsmöglichkeiten ein. Viele Beschuldigte werden vom Strafbefehl überrascht. Gerade dann, wenn sie bei der Polizei vom Schweigerecht Gebraucht gemacht haben, empfinden sie den plötzlichen Strafbefehl als ein Urteil ohne Anhörung. Auch die kurze Einspruchsfrist nach Zustellung des Strafbefehls überfordert viele Beschuldigte. Die Angst, dass sich die Situation in der Hauptverhandlung verschlechtert und die Sorge, nach einem Einspruch als Angeklagter vor Gericht erscheinen zu müssen, führt bei vielen Betroffenen dazu, dass der Strafbefehl akzeptiert wird — obwohl man die Vorwürfe eigentlich für nicht zutreffend hält.

Rechtsmittelmöglichkeiten im Vergleich

Beim Strafbefehl steht dem Beschuldigten nur der Einspruch innerhalb von zwei Wochen zur Verfügung. Nach Ablauf dieser Frist wird der Strafbefehl rechtskräftig – er kann dann grundsätzlich nicht mehr angegriffen werden.

Bei einem Urteil des Amtsgerichts hat der Verurteilte zwei Rechtsmittel: Die Berufung und die Revision. Bei der Berufung vor dem Landgericht wird die Sache neu verhandelt. Mit der Revision zum Oberlandesgericht können Rechtsfehler gerügt werden.

Legt der Beschuldigte allerdings gegen den Strafbefehl Einspruch ein, steht ihm nach dem dann folgenden Urteil des Amtsgerichts ebenfalls der Weg der Berufung und Revision offen. Allerdings sollte man bedenken: Das Urteil nach einem Einspruch kann auch höher ausfallen als der Strafbefehl. Ein sogenanntes „Verschlechterungsverbot“ gibt es nicht. Der Einspruch muss deshalb gut überlegt sein.

Praktische Unterschiede und Konsequenzen

Ein rechtskräftiger Strafbefehl hat die gleichen Wirkungen wie ein Urteil (§ 410 Abs. 3 StPO). Dies betrifft insbesondere:

  • Die Eintragung im Bundeszentralregister: Sobald der Strafbefehl rechtskräftig ist, wird die Verurteilung im BZR eingetragen.
  • Die Vollstreckung: Die Geldstrafe wird nach Rechtskraft direkt von der Staatsanwaltschaft beigetrieben. Gegen die Höhe der Strafe kann man dann nichts mehr einwenden.
  • Die Kosten: Das Strafbefehlsverfahren ist günstiger als das reguläre Strafverfahren mit Hauptverhandlung. Nach einem Einspruch verdoppeln sich die Gerichtsgebühren, außerdem können weitere Kosten für Zeugen hinzukommen.
  • Die Verfahrensdauer: Während der Strafbefehl nach zwei Wochen rechtskräftig wird, kann sich ein Verfahren mit Einspruch, Hauptverhandlung und Rechtsmitteln über Monate oder sogar Jahre hinziehen.

Weitere Folgen: Die weiteren Folgen der Verurteilung hängen vom Einzelfall ab und können hier nicht im Einzelnen dargestellt werden. Zu denken ist beispielsweise an den Regress nach einem Strafbefehl wegen Verkehrsunfallflucht oder an Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche nach einer Verteilung wegen Körperverletzung.

Fazit: Kein Unterschied zwischen Strafbefehl und Urteil

Ob Strafbefehl oder Urteil – für den Verurteilten macht es rechtlich keinen Unterschied. Ein rechtskräftiger Strafbefehl ist das gleiche wie ein Urteil: Die Strafe wird vollstreckt, die Verurteilung ins Bundeszentralregister eingetragen und ein Eintrag im Führungszeugnis erfolgt, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Deshalb sollten Sie Ihren Strafbefehl nicht vorschnell akzeptieren.

Fußnoten:

  1. Quelle destatis
  2. Quelle: SWR

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